Blogs liest kein Mensch. Den besten Bloggern ist das egal

Transkript der Episode 9 von Frag Wolfram, dem Online Business Podcast mit Wolfram Kläger vom 03.04.2023

Viel geklickt, kaum gelesen. Haben Blogs immer noch Zukunft? In Episode 9 des Online Business Podcasts geht es um das Erfolgsgeheimnis der besten Blogs.

Was versteht man heute noch unter "Blogs"?

Was man heute unter "Blogging" versteht, hat wenig mit den ursprünglichen Tagebüchern und Notizbüchern der alleresten Web-Logger zu tun.

Der Begriff "Blog" steht heute für viele Arten von Websites.

Wichtig ist (noch) der Unterschied zwischen eigenen Websites (Nischen-Websites), Blogging-Plattformen und Social Media.

Dort wird auch "gebloggt" und seit einiger Zeit "gevloggt" (Video-Blogs).

Klassisch sind Blogs textlastig, zum Teil journalistisch, wissenschaftlich, historisch, literarisch usw. unterwegs. Bloggen, Blogger, Blogging kann also für vieles stehen.

Traffic-starke Blogs werden von kommerziellen Publishern betrieben, die sich finanzieren über

  • Anzeigen-Werbung (Google AdSense, Ezoic, Mediavine …)
  • Affiliate Marketing (Produktempfehlungen gegen Zahlung einer Provision)
  • Sponsoring und
  • den Verkauf eigener Produkte, v.a.
  • digitale Infoprodukte wie z.B.
  • eBooks und
  • Online-Kurse (bezahlte Online Videos)

Das hat sich in den letzten 20 Jahren alles prächtig entwickelt, mit Google als dem ganz grossen Regisseur. Google hat sich zum Bestimmer und Monopol entwickelt. Organischer Traffic ist praktisch dasselbe wie Google-Traffic.

SEO, Suchmaschinenoptimierung müsste eigentlich GEO, Google Engine Optimization, weil das die einzig dominante Traffic-Zentrale im Internet ist.

Bisher.

KI startet eine neue Ära (so oder so)

Seit 30.11.2022 – habe ich jetzt schon öfter herausgestellt – mit dem Erscheinen von ChatGPT kann man am Horizont absehen, dass das Google Monopol vielleicht demnächst zerbröselt. Jedenfalls zeichnet sich immer klarer ab: Mit KI wird sich das Internet mal wieder neu sortieren. KI mischt alle Kanäle und Plattformen gehörig auf.

Und, eben auch: die Blogging-Szene:

  • Was wenn jetzt wieder x Suchmaschinen optimiert werden wollen, angefangen mit Google und Bing?
  • Was wenn jetzt wirklich immer mehr mit Mikrofon und Lautsprecher gesucht wird, gefragt, geantwortet wird, statt mit der Tastatur
    (wenn Siri und Alexa und Google Assistant plötzlich funktionieren, wie schon lange versprochen 🙂 )
  • Was wenn Sprachen automatisiert sind und vor allem Übersetzungen einfach abrufbar sind, wahrscheinlich demnächst sogar in Echtzeit?
  • Was, wenn wir es jetzt bald mit künstlichen Autor:innen zu tun bekommen, für Text, Bild, Audio, Video – die künstlichen Sprecher:innen sind ja schon eine Weile unterwegs, kennt inzwischen jede:r
  • Und was wenn wir uns bald an digitale Assistent:innen gewöhnt haben, die für uns beliebigen Content recherchieren, sortieren, zusammenfassen, und uns massiv und sogar einigermassen "intelligent" dabei unterstützen, diesen Content nach Belieben aufzubereiten, wiederzuverwerten und dergleichen?

Wozu braucht es dann noch Blogs und echte, lebendige Blogger:innen?

Wozu brauchen wir dann überhaupt noch Websites, wenn am Ende alles eh im grossen schwarzen Loch der KI landet und dort künstlich verwurstet wird, mit allem was sie sonst noch irgendwo gefunden hat – und was vielleicht irgendwann irgendwo wieder auftaucht, wenn jemand den passenden Prompt gefunden hat? 🙂

Was sagen eigentlich Studien, die Statistik darüber?

Welche Medien werden genutzt? Von wem, wie oft und wie lange?

ARD / ZDF Online Studie 2022 (Links in den Shownotes):

  • Video dominiert
  • Audio leicht rückläufig
  • Radio und TV stabil
  • aber zeitversetzt / nicht linear
  • Text in Printform weiter rückläufig
  • aber auf Social Media und in Form von eBooks deutlich zunehmend

Was mich erstaunt:

  • Die Reichweite von Video, Audio und Text ist ungefähr gleich gross
  • Mehr als verdoppelt im Vergleich zu den Vorjahren: Text!
  • Keine grossen Unterschiede über die Altersgruppen, wenn man davon absieht, dass die 14 bis 29 Jährigen das Internet grundsätzlich mehr nutzen als Ältere, egal ob Video, Audio oder Text, d.h. 14-29 Jährige 4:44 Stunden täglich vs. 0:49 Stunden bei 70 Jährigen und älter

Die Nutzung von Blogs hat sich sogar verdoppelt, im Vorjahresvergleich

  • E-Mail ist nach wie vor ähnlich bedeutend wie Suchmaschinen
  • Newsletter erfreuen sich noch weiter zunehmender Beliebtheit

Wie kommt das? Ich hätte gedacht, Blogs, Newsletters und Emails sterben allmählich aus.

Für kurze Texte haben sich Messengers und Social Media etabliert.

Longform Content wandert immer mehr von Text nach Audio und v.a. Video.

Podcasts z.B. sind ja inhaltlich nicht wirklich weit entfernt von schriftlichen Blogs, die Präsentation ist eben anders, wie auch z.B. bei Youtube Videos.

Google Trends: Blogs, Podcasts, eBooks in den letzten 5 Jahren

Ich habe dann auch mal Google Trends angeworfen und mir die Entwicklung der letzten 20 Jahre angesehen. Und da zeigt sich:

  • "Text" ist erstaunlich stabil, nimmt sogar zu
  • Im Vergleich zu Video natürlich auf viel, viel niedrigerem Niveau

Video = Netflix, YouTube, Tiktok usw., Text = Blogs vs. eBooks, Podcasts vs. Hörbücher, Print, …

  • Die Hochphase von Blogs war 2008 bis 2010. Seither nimmt ihre Bedeutung kontinuierlich ab.
  • eBooks hatten ihr Hoch zwischen 2010 und 2016.
  • Seit Mitte 2018 sind Podcasts in den Google Trends beliebter als Blogs und auch beliebter als eBooks.

In den letzten 12 Monaten hat sich das so eingependelt, dass eBooks im Google Trend ziemlich in der Mitte liegen, zwischen Podcasts am oberen Rand und Blogs am unteren.

Scheinbar haben sich die unterschiedlichen Formate sortiert.

Bis demnächst vielleicht ein neues auftaucht, eine neue Hochphase einläutet und sich die Formate dann vielleicht noch mal neu sortieren.

7 Gründe optimistisch zu bleiben

Blogger:innen sind schon intelligent und beherrschen das Medium Text. Die KI lernt das erst noch, unter anderem aus: eben, Blogs! 🙂

Die KI ist ein Beschleuniger für Content Creation, das Gaspedal für das Blogging Geschäft, nicht die Bremse.

Blog Posts können schneller, schöner, öfter und ausführlicher produziert werden, wenn Automaten wie Jasper und MidJourney dabei helfen.

Qualität und Produktivität steigen parallel.

Blogposts basieren künftig auf besseren Daten, die automatisiert ausgewertet werden und mehr und aktuelleren Quellen. Kleine Publisher können so umfassend und gut recherchieren, wie die Grossen.

SEO für Blogs wird mit KI wie Malen nach Zahlen.

Statt erst mal ins Ungewisse zu produzieren, zu testen und mit teuren Tools genau zu beobachten, was rankt und was nicht, erhalten Blogger:innen immer bessere "Dashboards" mit Zielfernrohr, mit dem sie schon beim Schreiben der Überschrift und der Outline sehen, wo der noch zu produzierende Content landen kann.

Weiter automatisierte Übersetzungen schaffen x Möglichkeiten für das Recycling von Inhalten in anderen Sprachen, in anderen Formaten, Text zu Audio, Text zu Video und umgekehrt.

Mit KI werden Fremdsprachen handhabbar und kontrollierbar, ohne native Übersetzung.

Beispiel: Mein eBook zum Thema Passwortmanager, das exakt am 06. Mai erscheinen wird 🙂

Wenn ich euphorisch drauf bin, folgt am 07. Mai die englische, am 08. französisch, am 09. spanisch usw.

Nach diesem Muster können künftig auch mehr und mehr Blogs, inklusive der kleinen Publisher verfahren, um ihren Content international und multilingual zu vermarkten.

KI sorgt mittelfristig auch für eine verbesserte Qualitätssicherung bei neuen Inhalten, aber vor allem auch bei der Überarbeitung von bereits veröffentlichtem Material, mit Fakten / Update Checks und dergleichen.

5 Gründe, eher pessimistisch zu werden

Klassische Jobs wie SEO-Artikel schreiben, passendes Bildmaterial suchen und aufbereiten usw. fallen mehr und mehr weg.

KI-Content überschwemmt erst mal alles.

User müssen länger nach Perlen suchen, werden frustriert und es ist noch nicht absehbar, wie sie reagieren.

Wie gut Suchmaschinen damit umgehen können, auch und erst recht mit KI / Chat Support, weiss auch noch niemand.

SERP-Seiten und Rankings werden jedenfalls erst mal gerüttelt und geschüttelt.

Wie "schlimm" es wirklich wird, mit der KI-induzierten Schwemme an Spam, Fake und Duplicate Content, kann noch niemand absehen.

Sicher ist nur: dass die Schwemme ausbleibt und niemand massiv Probleme hat, ist ausgeschlossen. Wie dauerhaft oder vorübergehend: schaumermal …

Die Internet Giganten ("GAMAM" – Google, Apple, Microsoft, Amazon, Meta) sind unersättlich und unerschrocken.

Die Kooperation mit wenigen Grossen ist für sie viel einfacher als mit unendlich vielen Kleinen. Blogs mit kleineren Websites, kleine Affiliates und ähnliche scheinen schon länger am kürzeren Hebel zu sitzen, im Vergleich zu grossen Publishern, wenn z.B. die NYT, die ZEIT, der SPIEGEL und die FAZ sich im Affiliate Marketing austoben und mit Nischenwebsites konkurrieren.

Dieser Trend könnte sich weiter verschärfen. Ausführlicher nachzulesen z.B. in den beiden Blogposts, die ich in den Shownotes verlinke.

Und dann – noch eine Sache …

… von der ich noch nicht weiss, ob sie mich optimistisch oder pessimistisch macht: die Kapriolen von Elon Musk.

Die Twitter Geschichten lass ich mal weg.

Heute geht es mir nur um den Aufruf kürzlich, bei dem ausgerechnet Elon Musk wieder ganz vorne mitspielen musste. Dieser offene Brief mit dem Vorschlag, die KI jetzt mal 6 Monate einzufrieren.

Als ob sich irgendjemand daran halten würde.

Allen voran, Elon Musks eigene Companies, all die, die schon seit Jahren daran arbeiten, wie OpenAI, all die, bei denen Alarm auf Rot steht, v.a. Google, und die, die das Rennen gerade erst heiss gemacht haben, Microsoft.

Sind diese Zeiten nicht schon verwirrend genug?

Fazit (für diese Episode)

Blogs bleiben noch lange Zeit relevant (jetzt erst recht!)

Meine Einschätzung:

Die Versklavung der Menschheit durch GPT, Bard und LLama ist jetzt noch eine Weile lang Thema.

Dann leiert das aus wie früher die Angst vor Dampflokomotiven.

Gerade Blogger:innen – die textlastigen und schreibwütigen unter den Content Creators – werden zu den Gewinner:innen gehören.

Weil sie sich die neuen Textmaschinen, das neue Content Operating System wie es Justin Welsh nennt, schneller zunutze machen, als viele andere.

Und in Zukunft werden Blogs und Blogger:innen eher mehr als weniger gebraucht, um der weiteren Überflutung mit Content irgendwie Form und Richtung zu geben.

Vor allem:

  • Echtheit
  • Originalität
  • Witz!
  • Ironie?!
  • Authentizität
  • Vertrauens- und Glaubwürdigkeit

All das werden Maschinen immer nur vorgaukeln und nachahmen können.

(Okay, zugegeben, manchmal täuschend echt – vorübergehend !!! 🙂 )

Es lohnt sich also, weiter zu bloggen und auch in diesem Podcast am Thema Blogging und an dem Geschäftsmodell "Text" (im weitesten Sinne) dran zu bleiben.

Schaff ich natürlich nicht alles in einer Episode.

Die gute Nachricht

Da kommen ja noch viele, viele weiteren Folgen!

In der nächsten Episode, schon die zehnte, ich fass es nicht, in der nächsten Episode, Nummer 10, habe ich mir vorgenommen, nachzureichen, für was es diesmal nicht gereicht hat:

Eine Auswahl der besten Blogs, Bloggerinnen und Blogger, die ich im deutschsprachigen Raum bisher kenne.

Sprechen wir also in der nächsten Folge darüber, Frag Wolfram, Episode 10.

Wenn …

… Deine Frage nicht dazwischen kommt!

Ja!

Du hast es in der Hand!

Schick Deine Frage per E-Mail an

fragwolfram@wolframklaeger.com

Kläger mit AE.

Und Du wirst sehen, was Du davon hast 🙂

Bis dahin: ciao ciao

Dein Wolfram und: Peace!

Quellen

ARD/ZDF-Onlinestudie 2022

The Future of Blogging: How AI is Changing the Industry

AI for blogging and content creation. Is it the future and should we be worried?